Nießbrauch an einem Wertpapierdepot

Allgemein bekannt ist die Möglichkeit, eine Immobilie mit einem Nießbrauchsvorbehalt zu verschenken. Weniger bekannt, aber übertragbar ist der Nießbrauch an einem Wertpapierdepot.

Er ist eine vorteilhafte Möglichkeit, wenn Sie Ihr Depot im Rahmen einer Schenkung beispielsweise auf ein Kind übertragen, aber weiterhin die Erträge daraus – also Zinsen und Dividenden – behalten wollen. Dem Schenker steht bei Vereinbarung eines Vorbehaltsnießbrauchs weiterhin das Recht zu, die Erträge aus den Wertpapieren zu nutzen, etwa um sein Einkommen zu sichern, während das Eigentum an den Papieren auf den Beschenkten übergeht.

Wird ein Depot verschenkt und dabei ein Nießbrauch zugunsten des Schenkers eingeräumt, senkt das den steuerlichen Wert der Schenkung deutlich, denn der kapitalisierte Wert des Nießbrauchrechts wird vom Depotwert abgezogen. Die Schenkungsteuer wird nur auf den verbleibenden Saldo berechnet. Je höher die laufenden Erträge sind und länger der Nießbrauch dauert, also je jünger der Schenker ist, desto stärker wird die Steuerlast gemindert.

 

Sicherung der Erträge zu Gunsten des Schenkers

Der Schenker erhält auch nach der Schenkung weiterhin Zinsen und Dividenden – das beruhigt, wenn noch eigenes Einkommen aus dem Depot gewünscht ist. Der Schenker muss diese Erträge also in seiner Einkommenssteuer angeben – und nicht der neue Eigentümer.

Beim Vorbehaltsnießbrauch ist der Nießbraucher der wirtschaftlich Verfügungsberechtigte über das Depot. Er bestimmt damit auch die Depotstruktur einschließlich etwaiger Umschichtungen und ist bei der Bank als verfügungsberechtigt hinterlegt.

 

Übertragung der Depotsubstanz auf den Beschenkten

Während der Nießbraucher lediglich die laufenden Erträge nutzen darf, gehört die Depotsubstanz dem Beschenkten. Damit gehören Wertsteigerungen, also insbesondere Kursgewinne der Aktien und Wertpapiere dem Beschenkten. Wenn der Depotwert also steigt, „wächst“ dieses dem neuen Eigentümer zu – auch, wenn der Nießbrauch noch besteht. Bei Veräußerung einzelner Wertpapiere fließen die daraus erwirtschafteten Gewinne dem Beschenkten als  Nießbrauchbesteller zu. Bei tatsächlichem Verkauf von Wertpapieren aus dem Depot wird die Kapitalertragsteuer auf Gewinne dem neuen Eigentümer, also dem Beschenkten, zugerechnet. Die Depotbank führt die Steuer auf seinen Namen als zivilrechtlichem Depotinhabers ab. Erst nach Ablauf oder Wegfall des Nießbrauchs kann der Beschenkte frei über Erträge und Kursgewinne verfügen.

Damit schafft der Nießbrauch am Depot einen doppelten Vorteil: Steuerersparnis bei der Schenkung und fortlaufende Erträge für den Schenker. Wertzuwächse im Depot stehen jedoch dem Beschenkten zu und erhöhen dessen Vermögen langfristig. Würde das Depot erst später übertragen, wäre der erhöhte Depotwert die Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer. Damit erspart die frühzeitige Übertragung dreifach.

So lässt sich Vermögen frühzeitig übertragen, ohne auf Einkünfte aus dem Depot verzichten zu müssen – eine Gestaltung, die viele Familien nutzen, um generationenübergreifend Steuern zu sparen und flexibel zu bleiben.

 

Was ist bei der Schenkung zu beachten?

Zunächst sollte man eine Bank auswählen, die Erfahrungen bei der Verwaltung von Wertpapierportfolios mit Vorbehaltsnießbrauch hat.

Bei der Einrichtung des Depots durch die Übertragung bestehender Wertpapiere kann Kapitalertragsteuer entstehen. Hier sollte man prüfen, ob man diese zunächst steuerneutral übertragen möchte, oder ob ausreichend Sparerfreibetrag gegeben ist.

 Je höher die erwarteten laufenden Erträge (Dividenden, Zinsen) zum Zeitpunkt der Schenkung, desto größer der Wert des eingeräumten Nießbrauchsrechts. Der steuerliche Wert des Nießbrauchs wird auf Basis der zu erwartenden Erträge berechnet. Dafür verwendet die Praxis in der Regel die durchschnittlich erwirtschafteten Erträge der letzten drei Jahre, es sein denn, die Depotstruktur weicht grundsätzlich ab.

Es lohnt sich daher, im Schenkungszeitpunkt und auch schon vorher nicht thesaurierende, sondern dividenden- und zinsstarke Piere im Depot zu halten.

Mittelfristig nach Schenkung kann man darüber nachdenken, zunehmend in thesaurierende wachstumsstarke Titel umzuschichten. Vielleicht sinkt der Bedarf des Schenkers, so dass er weniger Zinsen und Dividenden benötigt. Jedenfalls aber kommt jede Wertsteigerung dem Beschenkten zugute.

Je früher mit der Nachfolgeplanung begonnen wird, desto größer ist in der Regel der Bewertungsvorteil, denn der Vervielfältiger für die Berechnung des Kapitalwerts des Nießbrauchs ist vom Alter des Nießbrauchers, also damit seiner Lebenserwartung abhängig.

 

Klare Vereinbarungen

Die Schenkung sollte durch einen schriftlichen Schenkungsvertrag dokumentiert werden. Dieser sollte sorgfältig formuliert werden, um die steuerliche Zurechnung und Anerkennung abzusichern. Maßgebend sind u.a. der Umfang und die Dauer des Nießbrauchs sowie die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums. Damit die Bank die Steuerbescheinigung für die Erträge korrekt erstellen kann, sollte eine spezielle Vereinbarung mit der Bank zum Nießbrauchdepot getroffen werden. Dies vereinfacht die steuerliche Abwicklung erheblich.   Depotinhaber ist der Beschenkte, die Erträge aus dem Nießbrauchdepot  werden  direkt auf ein Konto des nießbrauchberechtigten Schenkers gezahlt.

 

Vorsicht bei einem späteren Verzicht

Dennoch sollte man überlegen, ob man sich den Nießbrauch tatsächlich bis zum Tode lebenslang vorbehält. Erfahrungsgemäß sinkt mit zunehmendem Alter der Bedarf an Einkommen oder man ist anderweitig abgesichert. Spart man die Erträge nur an, muss man sie wieder steuerpflichtig vererben. Daher ist es häufig empfehlenswert den Nießbrauch zeitlich zu begrenzen, z.B. auf eine bestimmte Dauer oder ein bestimmtes Lebensalter. Der Kapitalisierungsfaktor weicht bei einer Laufzeit beispielsweise nur bis zum 80. Lebensjahr gar nicht so weit von dem für eine lebenslange Laufzeit ab.

Die zeitliche Begrenzung hat einen weiteren Vorteil. Sie vermeidet die Überlegungen über einen vorzeitigen freiwilligen Verzicht auf den Nießbrauch, denn dieser wäre als erneute Schenkung steuerpflichtig. Bewertet wird der Verzicht mit seinem Kapitalwert im Zeitpunkt des Verzichts.

Alternativ kann man über einen bewussten steuerpflichtigen Verzicht auf den Nießbrauch nachdenken, wenn beispielsweise nach Ablauf von 10 Jahren die persönlichen Schenkungsteuer-Freibeträge wieder zur Verfügung stehen.

 

Fazit

Die schenkung eines Aktien- und Wertpapierdepots verbunden mit einem Vorbehaltsnießbrauch ist eine elegante Möglichkeit, die entstehende Schenkungsteuer deutlich zu reduzieren und das Einkommen des Schenkers abzusichern. Der Entstehung der zukünftigen Wertsteigerungen beim Beschenkten sperrt weitere Schenkung- oder Erbschaftsteuer in der Zukunft.

Dennoch ist die Schenkung kein Selbstläufer. Der Schenkungsvertrag sollte sorgfältig formuliert werden, um die steuerliche Zurechnung und Anerkennung abzusichern. Auch lohnt es sich mit unterschiedlichen Laufzeiten und Kapitalwerten zu rechnen, um eine optimale steuerliche Bewertung, aber auch eine Absicherung der eigenen Interessen zu gewährleisten.

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